Humor in der Pflege: Zwischen Entlastung, Resilienz und Empathie
Pflege ist ein Beruf, der höchste Anforderungen an die körperliche und emotionale Belastbarkeit der Pflegefachpersonen stellt. In einem Umfeld, das häufig von Krankheit und Leid geprägt ist, gewinnt der Humor an Bedeutung: Humor schafft Distanz, ohne die Ernsthaftigkeit der Arbeit zu mindern, und hilft, Belastungen besser zu bewältigen. In diesem Artikel betrachten wir die unterschiedlichen Facetten des Humors in der Pflege und zeigen auf, warum Humor für Pflegefachpersonen eine essentielle Ressource sein kann.
Warum Humor in der Pflege so wertvoll ist
Für Pflegefachpersonen kann der Humor wie ein sicherer Rückzugsort wirken, der Stress und Sorgen relativiert. Matthias Prehm, Fachkrankenpfleger und Humortrainer, beschreibt Humor als „das Benzin im Tank, das uns antreibt.“ Humor gibt die Möglichkeit, Distanz zu gewinnen und sich selbst emotional zu entlasten, ohne das Engagement zu verlieren. Diese Distanz kann besonders in schwierigen Situationen, etwa bei der Arbeit auf Intensivstationen oder in der Palliativpflege, von großer Bedeutung sein. Der Humor ist eine positive Distanz, die Kraft und Widerstandsfähigkeit aufbaut.
Darüber hinaus kann Humor wie ein Spiegel wirken, der zeigt, wie Pflegefachpersonen sich selbst und ihren Beruf wahrnehmen. Ein Team, das über sich selbst und seine Herausforderungen lachen kann, zeigt eine gesunde Selbstwahrnehmung und einen positiven Umgang mit den alltäglichen Belastungen. Pflegekräfte, die Humor als Teil ihrer Arbeit sehen, pflegen oft eine optimistische und offene Grundhaltung, die es ihnen erleichtert, in stressigen Momenten handlungsfähig zu bleiben.
Humor als Brücke zum Vertrauensaufbau
Humor kann in der Pflege helfen, Brücken zu bauen – sowohl zu Patient
als auch zu Kolleg. Ein Lächeln oder ein humorvoller Kommentar zur rechten Zeit schafft Nähe, ohne dabei den professionellen Abstand zu verlieren. In der Pflege geht es darum, Vertrauen zu schaffen, und Humor kann dabei eine wichtige Rolle spielen. Gerade in schwierigen und manchmal unangenehmen Momenten kann ein humorvoller Ansatz ein Türöffner sein. Humor zeigt den Patient, dass sie nicht alleine sind und dass auch die Pflegefachpersonen das menschliche Bedürfnis nach Leichtigkeit verstehen. In der Podcast-Episode berichtet Prehm, wie Humor gerade im Bereich der Palliativpflege helfen kann, um auch in schweren Stunden ein Gefühl von Normalität und Nähe zu bewahren.
Die Herausforderungen und Grenzen des Humors
Die Grenze des Humors ist jedoch häufig fließend und abhängig von den beteiligten Personen sowie dem jeweiligen Kontext. Humor, der in einem Moment passt, kann in einem anderen deplatziert wirken. Gerade in einem Beruf wie der Pflege, der von Nähe, Vertrauen und Sensibilität lebt, braucht es Fingerspitzengefühl, um zu erkennen, wann ein humorvoller Ansatz hilfreich ist und wann er unangebracht wäre.
Ein humorvoller Umgang verlangt Empathie und ein Gespür für den Moment. In der Pflege ist das Verhältnis zwischen Nähe und professioneller Distanz entscheidend, und Pflegefachpersonen müssen die Balance halten. Humor darf niemals die Würde der Beteiligten verletzen oder zur Ablenkung von den eigentlichen Aufgaben führen. Humor soll respektvoll sein und das Vertrauen stärken, indem er die Situation auflockert, ohne den Ernst der Lage aus den Augen zu verlieren.
Humor und Resilienz: Ein Schlüssel zur emotionalen Widerstandskraft
Resilienz ist die Fähigkeit, auch unter schwierigen Bedingungen handlungsfähig und stabil zu bleiben. In der Pflege ist diese Widerstandskraft entscheidend, denn Pflegefachpersonen sind täglich emotional und körperlich gefordert. Humor kann hier als Kraftquelle dienen, die Resilienz stärkt. Humor ist wie eine Art „Ventil“, das Anspannung und Stress abbaut. Er bietet die Möglichkeit, sich emotional zu regulieren und den Alltag besser zu bewältigen. Humor ist ein natürlicher Schutzmechanismus, der Pflegefachpersonen in stressigen Situationen hilft, flexibel zu bleiben und Abstand zu gewinnen.
Ein humorvoller Umgang im Team fördert nicht nur das persönliche Wohlbefinden, sondern auch das kollektive Arbeitsklima. Pflegefachpersonen, die einander wertschätzend begegnen und gemeinsam lachen können, erfahren Entlastung und stärken ihre Widerstandsfähigkeit. Ein Team, das Humor als Teil seiner Kultur sieht, wird in Krisensituationen besser bestehen können, weil Humor eine positive Verbindung zwischen den Mitarbeitenden schafft.
„Humor ist das Benzin im Tank, das uns antreibt.“ - Matthias Prehm
Humor als Haltung: Mehr als nur Witze
Humor ist weit mehr als das Erzählen von Witzen – er ist eine Haltung und kann als soziale Kompetenz betrachtet werden. Humor zeigt eine offene Einstellung und die Fähigkeit, auch in schwierigen Momenten auf die Bedürfnisse anderer einzugehen. Humor erfordert Einfühlungsvermögen und den Mut, manchmal auch über sich selbst zu lachen. Besonders in Berufen, in denen emotionale Arbeit im Mittelpunkt steht, ist Humor ein Zeichen von Stärke und Flexibilität.
Matthias Prehm erklärt, dass Humor eine Grundhaltung im Umgang mit Menschen ist und als Teil der Pflegepraxis gelebt werden kann. Diese Haltung lässt sich durch kleine, alltägliche Handlungen ausdrücken – sei es ein ermutigender Kommentar oder ein humorvoller Moment in einem schwierigen Gespräch. Humor ist dabei kein Selbstzweck, sondern ein wertvolles Instrument, das zeigt, dass die Pflegekraft mit einer positiven Einstellung auf die Bedürfnisse der Patient:innen eingehen möchte.
Humor im Team: Ein Zeichen von Zusammenhalt
Ein Team, das gemeinsam lacht, hält auch in schwierigen Momenten besser zusammen. In einem Beruf, der häufig von Belastung geprägt ist, kann Humor ein Bindeglied sein, das Pflegefachpersonen miteinander verbindet. Humor im Team schafft eine Atmosphäre des Vertrauens, in der auch schwierige Themen offen angesprochen werden können. Humor als Teil der Teamkultur sorgt für ein angenehmeres Arbeitsklima und gibt den Mitarbeitenden das Gefühl, auch in stressigen Momenten nicht allein zu sein.
Humor trägt dazu bei, dass Konflikte weniger eskalieren und sich schneller auflösen lassen. Ein Team, das gelernt hat, humorvoll miteinander umzugehen, wird auch in stressigen Situationen emotional stabiler sein. Humor schafft Vertrauen und gibt Raum für Ehrlichkeit und Offenheit – zwei Qualitäten, die für eine gute Zusammenarbeit unverzichtbar sind.
Humor und Macht: Umgang mit Hierarchien
In der Pflege, einem Berufsfeld, das oft hierarchisch organisiert ist, kann Humor auch helfen, den Umgang mit Machtverhältnissen zu erleichtern. Ein humorvoller Umgang im Team kann Spannungen abbauen und dazu beitragen, dass Hierarchien weniger starr wirken. Humor kann dabei helfen, die Beziehung zwischen verschiedenen Ebenen im Team zu entspannen, ohne dabei die Autorität infrage zu stellen. So kann Humor auch dazu beitragen, dass Mitarbeitende auf Augenhöhe miteinander kommunizieren und sich gegenseitig respektieren.
Fazit: Humor als unersetzlicher Bestandteil der Pflegepraxis
Humor ist für Pflegefachpersonen nicht nur eine Möglichkeit zur Stressbewältigung, sondern auch ein Schlüssel, um mit Patient:innen auf einer persönlichen Ebene zu kommunizieren und Resilienz aufzubauen. Humor ermöglicht eine menschliche Verbindung, die im Pflegealltag von großer Bedeutung ist. Er schafft Raum für Leichtigkeit, verbindet Menschen und hilft, auch die herausforderndsten Momente des Berufsalltags zu bewältigen. Ein gesundes Maß an Humor, gepaart mit Respekt und Empathie, macht den Pflegeberuf nicht nur für die Pflegekräfte selbst, sondern auch für die Patientein Stück weit angenehmer und menschlicher.
Zum Gast
- HumorPille (humorpille.de)
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Shownotes zur Folge
- Humor in der Palliativmedizin am Universitätsklinikum Bonn (humorhilftheilen.de)
- Lachen ist die beste Medizin – wie Humor hilft, Stress am Arbeitsplatz abzubauen (pflege-professionell.de)
- Humor in der Pflege: Lachen gefährdet die Krankheit (Bibliomed-Pflege.de)
- The European Journal of Humor Research (europeanjournalofhumor.org)
- Hirsch, R.D., Ruch, W.: Heiterkeit und Humor im Alter. Ergebnisse aktueller Studien, Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie, vol m43, Nr. 1, Feb. 2010 (springermedizin.de)
- Positiver Humor macht glücklich - negativer Humor macht unglücklich (dipp-online.de)
Buchempfehlungen
- Wild, Barbara (2. Auflage 2016): Humor in Psychiatrie und Psychotherapie: Neurobiologie – Methoden – Praxis. Schattauer Verlag, Stuttgart. Das Fachbuch beleuchtet Humor als Element in der Psychotherapie. ISBN-13: 978-3794530618
- Fey, Ulrich (3. Auflage 2016): Clowns für Menschen mit Demenz. Das Potential einer komischen Kunst. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main. ISBN-13: 978-3863210151
- Ruch, Willibald (2015): Halb so lustig: Meine abenteuerliche Reise in die Welt des Humors. Ecowin, Salzburg.Willibald Ruch, Professor an der Universität Zürich, forscht seit mehr als 30 Jahren zum Thema Humor. In seinem Buch beschreibt er Humor als Charakterstärke, die zu einem gelungenen Leben beitragen – und die man erlernen kann. ISBN-13: 978-3711000675
- Ruch, Willibald (2015): Halb so lustig: Meine abenteuerliche Reise in die Welt des Humors. Ecowin, Salzburg.Willibald Ruch, Professor an der Universität Zürich, forscht seit mehr als 30 Jahren zum Thema Humor. In seinem Buch beschreibt er Humor als Charakterstärke, die zu einem gelungenen Leben beitragen – und die man erlernen kann. ISBN-13: 978-3711000675
- Bischofberger, Iren (2. Auflage 2008): „Das kann ja heiter werden“. Humor und Lachen in der Pflege. Huber, Bern. Das Buch beschreibt, was hinter dem Konzept Humor steckt und wie in der Pflege eingesetzt werden kann und macht verständlich, welche Bedeutung Humor für alte, kranke und sterbende Menschen haben kann. ISBN-13: 978-3456844992
- Provine, Robert R. (2001): Laughter. A Scientific Investigation. The Penguin Books, London. ASIN: B007NBTGPY
- Titze, Michael und Eschenröder, Christof T. (6. Auflage 1998): Therapeutischer Humor: Grundlagen und Anwendungen, S. Fischer Verlag, Berlin. Überblick über Forschungsergebnisse und Untersuchungen zu Humor, Lachen und Lächeln und Beschreibung, wie Humor in Therapieeinrichtungen eingesetzt werden kann. ISBN-13: 978-3596126507
- Goldstein, Jeffrey H. und McGhee, Paul E. (Hrsg.) (1972): The Psychology of Humor: Theoretical Perspectives and Empirical Issues, Academic Press, New York und London.: Wegweisendes Buch aus den 1970er Jahren zur Grundlagenforschung des Humors. ASIN: B01K3JXV94
- Horst Conen: Sei gut zu dir, wir brauchen dich, ISBN: 978-3-8289-3243-2, Weltbild Verlag
- Averil Leimon & Gladana McMahon: Positive Psychologie für Dummies, ISBN: 978-3-527-70623-5, Wiley Verlag
- Dr. med. Eckart von Hirschhausen: Glück kommt selten allein, ISBN: 978-3-498-02997-5, Rowohlt Verlag
- Dr. med. Eckart von Hirschhausen: Die Leber wächst mit ihren Aufgaben, ISBN: 978-3-499-62355-4, Rowohlt Verlag
- Vera M. Robinson: Praxishandbuch Therapeutischer Humor, Verlag Hans Huber; ISBN: 3-456-83665-1
- Albrecht Kresse/Eva Ullmann: Humor im Business - Gewinnen mit Witz und Esprit, ISBN: 978-3-411-86413-3,Cornelsen Verlag
- Irina Falkenberg/Paul McGhee/Barbara Wild: Humorfähigkeiten trainieren, ISBN: 978-3-7945-2820-2, Schattauer Verlag 2013
- Michael Titze/ Inge Patsch: Die Humor-Strategie. Auf verblüffende Art Konflikte lösen, ISBN: 978-3-641-08983-2, Kösel-Verlag 2012
- Michael Titze: Die heilende Kraft des Lachens: Mit therapeutischem Humorfrühe Beschämungen heilen, ISBN: 978-3466303908, Kösel-Verlag 2007
- E. Noni Höfner: Glauben Sie ja nicht, wer Sie sind!, ISBN: 978-3-89670-773-4, Carl Auer Verlag 2012
- David Shields: Das Dumme am Leben ist, das man eines Tages tot ist, Eine Art Anleitung zum Glücklichsein, ISBN: 978-3-442-15625-2, Wilhelm Goldmann Verlag 2010
- Eric-Emmanuel Schmitt: Oskar und die Dame in Rosa, ISBN: 978-3596161317, Fischer Taschenbuch Verlag
- Patch Adams, Hausbesuche: Die etwas andere Art, Menschen zu heilen, ISBN: 978-3453159914, Heyne Verlag, 1999
- Christian Heeck: Kunst und Kultur im Krankenhaus. Gedanken und Erfahrungen zur Rückgewinnung des Krankenhauses als Lebensraum für Menschen, Münster: LIT-Verlag (Reihe Medizin 1)
- Christian Heeck: Humor in der Sterbebegleitung? Eine Ermutigung für helfende Laien, in: Hospiz-Dialog NRW 20 /Juli 2004, S. 5 – 8
- Claudia M. Zimmer: Lachen erlaubt!, ISBN: 978-3-642-24944-0, Springer Verlag Martin E.P. Seligman: Der Glücks-Faktor, Warum Optimisten länger leben, ISBN: 978-3-404-60548-9, Verlag Bastei Lübbe
- Christoph Emmelmann: Das kleine Lachyoga Buch, ISBN: 978-3-423-34429-6, Deutscher Taschenbuch Verlag
- Vera F. Birkenbihl: Humor: An Ihrem Lachen soll man Sie erkennen, ISBN: 978-3-636-07100-2, mvg Verlag
- Eleonore Höfner/Hans-Ulrich Schachtner: Das wäre doch gelacht! ISBN: 978-3-499-60231-8, rororo Verlag
- Lotze, Eckhard: Humor im therapeutischen Prozess, Frankfurt am Main, 2003 Ursula von Arx: Ein gutes Leben: 20 Begegnungen mit dem Glück, Verlag: Kein & Aber; ISBN: 978-3036955636
- Francois Lelord: Hectors Reise oder die Suche nach dem Glück, Verlag: Piper; ISBN: 978-3492248280
- Ernst Fritz Schubert: Glück kann man lernen: Was Kinder stark fürs Leben macht, Verlag Ullstein, ISBN: 978-3548374246
- Ernst Fritz Schubert: Schulfach Glück: Wie ein neues Fach die Schule verändert, Verlag Herder; ISBN: 978-3451298493
- Prof. Dr. Oliver Haas: Corporate Happiness als Führungs-system, Erich Schmidt Verlag; ISBN: 978-3-503-12657-6
- Christoph Emmelmann: Das kleine Lachyoga-Buch, Deutscher Taschenbuch Verlag; ISBN: 978-3-423-34429-6
- Dr. Madan Kataria: Lachen ohne Grund, Verlag Via Nova; ISBN: 978-3-928632-93-5
- Matthias Nöllke: Schlagfertigkeit, Haufe; ISBN: 978-3-448-09589-0
- Albert Thiele: Argumentieren unter Stress, Deutscher Taschenbuch Verlag; ISBN: 978-3-423-34405-0
- Gero Teufert: Techniken der Schlagfertigkeit für Dummies, Wiley-VCH Verlag; ISBN: 978-3-527-70798-0
- Margaret McAllister/John B. Lowe: Resilienz und Resilienz-förderung bei Pflegenden, Hans Huber Verlag; ISBN: 978-3-456-85303-1
- Denis Mourlane: Resilienz, Business Village Verlag; ISBN: 978-3-86980-249-7 (Druckausgabe) ISBN: 978-3-86980-250-3 (E-Book, PDF)
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