Junge Stimmen, große Themen: Der Junge Pflege Kongress
Der Junge Pflege Kongress 2025 in Bochum war ein Einblick in eine Pflegegeneration, die Haltung zeigt. Unter dem Motto "Dinursity" – ein kreatives Wortspiel aus „Diversity“ und „Nursing“ – diskutierten über 2000 junge Pflegefachpersonen und Auszubildende über Vielfalt, Rassismus, Selbstverständnis und berufliche Zukunft.
Es geht längst nicht mehr nur um das Wie der Pflege, sondern auch um das Wer. Wer sind wir als Pflegefachpersonen? Welche Werte vertreten wir? Und welche Strukturen brauchen wir, um diese Werte im Berufsalltag leben zu können?
Haltung beginnt mit Sprache – und Sprache schafft Wirklichkeit
Ein zentraler Impuls kam von Lena Sachse, Professorin für Pflege- und Gesundheitspädagogik. In ihrem Vortrag über Sprache und Wirklichkeit machte sie deutlich: Sprache ist nie neutral. Wer etwa von „den Pflegekräften“ spricht, unterschlägt die individuelle Fachlichkeit. Wer Patient:innen auf ihre Diagnose reduziert, verfehlt das Prinzip der personenzentrierten Pflege. In der Pflege bedeutet Sprache Verantwortung – gegenüber sich selbst, Kolleg:innen und Patient:innen. Diese Erkenntnis teilten viele der Teilnehmenden und betonten, wie wichtig bewusste Kommunikation für diskriminierungssensible Pflege ist.
Diversität ist kein Zusatz, sondern Kern professioneller Pflege
Auf dem Kongress wurde Vielfalt nicht als optionales Thema verhandelt, sondern als zentrales Prinzip pflegerischer Professionalität. Die Veranstaltenden der AG Junge Pflege betonten: Der Kongress sollte nicht nur informieren, sondern Haltung fördern. Dafür gab es Workshops zu Rassismuserfahrungen in der Ausbildung, Diskriminierung im Klinikalltag, Umgang mit transidenten Patient:innen oder zur Reflexion berufsethischer Grundsätze.
"Nichts ist selbstverständlich. Wir müssen uns selbst um unsere Anliegen kümmern."
– Christine Vogler, Deutscher Pflegerat
Ein Beispiel: Am Stand der Franziskus Stiftung wurde das Projekt „Vorbilder der Pflege“ präsentiert, das zeigt, wie vielfältig Rollenbilder in der Pflege sein können – und wie wichtig es ist, auch als Kolleg:in sichtbar und anerkannt zu werden. Diversität wurde so nicht nur thematisiert, sondern erlebbar gemacht.
Rassismus in der Pflegeausbildung
Viele junge Teilnehmende schilderten offen ihre Erfahrungen mit Rassismus – sowohl im Schulalltag als auch in der Praxis. Alia berichtete von wiederholten Vorfällen, bei denen Auszubildende sich an die Jugendauszubildendenvertretung wenden mussten. Auch ein Auszubildender aus Recklinghausen, sprach über diskriminierende Kommentare im Pflegealltag. Dass dies kein Einzelfall ist, zeigte sich in vielen Gesprächen: Diskriminierung ist nicht die Ausnahme, sondern für viele ein strukturelles Problem.
Daher war der Kongress auch ein politisches Statement: gegen Rassismus, gegen Ausgrenzung – und für eine diskriminierungsfreie, respektvolle Arbeitskultur.

Unser Podcast zum Thema Rassismus in der Pflege
Ausbildung, Karriere und neue Wege: Perspektiven für eine vielfältige Zukunft
Nicht nur die Themen des Kongresses zeigten eine große Bandbreite – auch die Karrieren der Teilnehmenden waren so bunt wie das Motto. Von der klassischen Ausbildung über das duale Studium bis hin zur berufsbegleitenden Weiterbildung: Junge Pflegefachpersonen interessieren sich zunehmend für individuelle Entwicklungspfade. Die Hochschule Osnabrück, vertreten durch ihre Studiengangskoordinatorin, zeigte zum Beispiel auf, wie akademische Weiterbildung mit praktischer Relevanz verbunden werden kann. Besonders groß war das Interesse an berufsbegleitenden Bachelor-Programmen und an Studiengängen wie Management oder Versorgungsforschung.
Am Stand der Stiftung Begabtenförderung war zudem zu sehen: Förderung ist möglich – auch für Quereinsteiger:innen und Kombi-Karrieren, etwa von der Pflegeausbildung zum Medizinstudium. Es wurde deutlich: Pflegefachpersonen sind längst keine homogene Gruppe mehr, sondern eine Generation mit vielen Optionen und dem Selbstbewusstsein, sie zu nutzen.

Eine umfangreiche Liste von Studiengängen in der Pflege
Verbandsarbeit und Pflegekammer
Ein weiteres starkes Signal kam von der Pflegekammer Nordrhein-Westfalen. Am Infostand standen Pflegefachpersonen mit langjähriger Erfahrung, wie Georg Paaßen, im Dialog mit Auszubildenden. Die Message war klar: Wer sich einbringen will, kann es tun – ob mit Examen oder bereits als freiwilliges Mitglied während der Ausbildung. Dass die Kammer für staatlich anerkannte Fachweiterbildungen zuständig ist, gibt dem Berufsstand Struktur und Verlässlichkeit.
"Pflege pflegt jede Person, völlig egal, wie sie aussieht oder welche politische Haltung sie hat."
– Georg Paaßen, Pflegekammer NRW
Gleichzeitig wurde der DBfK als organisierender Verband spürbar politisch: Die AG Junge Pflege ist nicht nur für die Organisation des Kongresses verantwortlich, sondern auch für das Einspeisen junger Perspektiven in die verbandspolitische Arbeit. Wer sich hier engagiert, bringt nicht nur Ideen ein, sondern gestaltet aktiv die Rahmenbedingungen von morgen mit.
Haltung sichtbar machen: Arbeitsmodelle, Ethik und Empowerment
Der Kongress war nicht nur ein Ort des Austauschs, sondern auch des Empowerments. Besonders eindrücklich: die Arbeit der Praxisanleiter:innen und Lehrenden vom Evangelischen Klinikum Bethel. In gemeinsamen Projekten schaffen sie Räume für ethische Reflexion, den Umgang mit Diskriminierung oder für Themen wie Prüfungsangst – niederschwellig, ohne Druck, dafür mit viel Vertrauen. Auch der geplante Workshop zu transidenten Menschen im Krankenhaus wurde begeistert aufgenommen.
Parallel dazu stellten Träger wie die Augusta Kliniken ihr Modell der Vier-Tage-Woche vor – ein deutliches Zeichen, dass auch Arbeitgeber verstanden haben: Die neue Pflegegeneration hat konkrete Vorstellungen von guter Arbeit und Lebensqualität. Work-Life-Balance, Partizipation, Feedbackkultur – das sind die neuen Schlüsselworte der Pflegearbeit.
Fazit: Diese Generation will nicht nur pflegen. Sie will gestalten.
Der Junge Pflege Kongress in Bochum war ein Aufbruch – in vielerlei Hinsicht. Die Pflegefachpersonen der neuen Generation lassen sich nicht auf Defizite reduzieren. Sie fordern Respekt, Teilhabe und ein professionelles Umfeld, das Diversität nicht nur zulässt, sondern lebt. Ihre Themen: Sprache, Haltung, Bildung, politische Teilhabe und neue Arbeitsmodelle. Ihre Werkzeuge: Wissen, Erfahrung, Dialog und Mut.
Wer mit ihnen in die Zukunft der Pflege gehen will, muss zuhören, mitdenken – und handeln.

Unser Podcast zur Vielfalt
📰 Kurznachrichten
Okay, es sind keine "News" wir du sie von uns kennst, aber wie möchten dich auf ein neues Podcast-Format aufmerksam machen.
Die Deutsche Allianz Klimawandel und Gesundheit e.V. (KLUG) hat in Kooperation mit der BARMER einen Podcast zum Thema Planetary Health herausgebracht.
Was haben Klima, Umwelt und unsere Gesundheit miteinander zu tun? Wie können wir gemeinsam ins Handeln kommen – statt in Lähmung oder Verdrängung zu verharren?
Der Podcast „Zukunft gestalten – Der Podcast über Planetary Health“ geht genau diesen Fragen nach. Mit dabei sind spannende Stimmen wie Harald Lesch, Claudia Traidl-Hoffmann, Lea Dohm, Katja Diehl, Tobias Plonka und viele weitere Expert:innen aus Wissenschaft, Pflege, Psychologie und Gesellschaft.

In diesem Zusammenhang möchten wir dir auch unsere Podcasts zu den Themen Klima (mit Health for Future) und Hitze nochmal ans Herz legen:




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